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Kinderheime der Stadt Wien: 52 Mio. Euro für die Opfer

1989 – also vor genau 30 Jahren – beschlossen die UN-Vertreter und Vertreterinnen die Kinderrechtskonvention. Dieses Dokument zielt auf die Bedürfnisse und Interessen von Kindern ab und schreibt beispielsweise das Recht auf Freizeit, das Recht auf Bildung oder auch das Recht auf Schutz vor Gewalt fest. Dieser Schutz vor Gewalt war leider in der Geschichte der österreichischen Kinder- und Jugendhilfe nicht immer gewährleistet.

Die Stadt Wien stellte sich in den Jahren 2010 bis 2019 der Aufgabe, das Unrecht, das Kindern in Kinderheimen bzw. bei Pflegeeltern geschehen war, aufzuarbeiten. „Die Opfer haben Unfassbares erlebt, es ist unsere Pflicht als Stadt, unsere Verantwortung wahrzunehmen, geschehenes Unrecht ohne Relativierung anzuerkennen und uns dafür aufrichtig und zutiefst zu entschuldigen“, stellt Bürgermeister Michael Ludwig klar. „Es handelt sich hier um ein Kapitel in der Geschichte unserer Stadt, das nie hätte geschrieben werden dürfen“, ergänzt Jürgen Czernohorszky, Amtsführender Stadtrat für Bildung, Integration, Jugend und Personal.

Ein zentraler Baustein dieser Aufarbeitung bestand im Auftrag an den WEISSEN RING, Unterstützungsmaßnahmen für Menschen, die im Rahmen ihrer Unterbringung in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt im Zeitraum zwischen 1945 und 1999 Opfer von Gewalt geworden waren, vorzubereiten und durchzuführen. Nach neun Jahren Projektlaufzeit liegt nun der vom WEISSEN RING erstellte Abschlussbericht vor.

Man hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt

Heute werden Kinder und Jugendliche, welche nicht bei ihren Eltern leben können, nicht mehr in den geschlossenen Systemen großer Heime untergebracht. Sie leben in Krisenzentren und familienähnlichen Sozialpädagogischen Wohngemeinschaften sowie bei gut ausgewählten und ausgebildeten Pflegeeltern. Dabei stehen die Stärkung der Kinderrechte, eine gute Ausbildung der Mitarbeiter*innen, moderne Standards, funktionierende Kontrollinstrumente und vor allem die Schaffung einer Aufmerksamkeitskultur, um Fehlentwicklungen frühzeitig erkennen zu können, im Vordergrund.

„Es ist für uns heute schwer zu verstehen, wie unsere Institution, die dem Kinderschutz verpflichtet ist, so vielen Kindern und Jugendlichen so unfassbares Leid zufügen konnte. Unverständlich ist, wie in der Nachkriegszeit die Aufsichtsmechanismen derart versagen konnten“, so Johannes Köhler, Leiter der Wiener Kinder- und Jugendhilfe.

Große Zahl an Meldungen Betroffener

Ursprünglich war man von einer Gesamtdauer von knapp einem Jahr und einem Budgetbedarf von EURO 2 Mio. ausgegangen. Die Zahl der Meldungen überstieg jedoch alle Erwartungen um ein Vielfaches. Daher wurde das genehmigte Budget über mehrere Stufen auf EURO 52,53 Mio. aufgestockt und auch die Meldefrist mehrfach verlängert. In 71 Sitzungen bearbeitete ein Gremium aus acht Expert*innen mit unterschiedlichen Schwerpunkten insgesamt 3.139 Meldungen. Insgesamt 2.384 Betroffene erhielten finanzielle Hilfeleistung. Allen Betroffenen wurde auch Psychotherapie angeboten. Von den genehmigten rund 144.400 Einheiten wurde knapp die Hälfte auch tatsächlich in Anspruch genommen.

Beispiellose Gewalt an Kinderseelen und-Körpern in einem der vielen Wiener Kinderheime: Der schockierende Endbericht der Untersuchungskommission zum Fall "Schloss Wilhelminenberg".

Wie die Opfer entschädigt wurden: Im Anhang finden Sie dazu den aktuellen Abschlussbericht zum Nachlesen.

Foto: Shutterstock/Mr. Pants