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Scheidungsväter: „Ich bin kein Papa mehr“

Haus weg – Frau weg – Kind weg – alles weg. So sieht für viele Männer die Schlussbilanz nach dem Auseinanderbrechen ihrer Familien aus. Welche Folgen das für sie hat, und warum viele „Scheidungsväter“ den Kontakt zu ihren Kindern früher oder später gänzlich abbrechen, lesen Sie hier.

Es geschah im Advent: Der 42-jährige Nuri A. erschoss in Wien seine zweijährige Tochter mit einer Pumpgun. Das Kind saß friedlich im Kindersitz und war auf der Stelle tot. Danach richtete der Täter die Waffe gegen sich selbst. Die Öffentlichkeit war schockiert und fassungslos angesichts der Kaltblütigkeit, mit der der Vater den Mord an seinem eigenen Kind beging.

Die sachliche Analyse der Polizei nach dem blutigen Familiendrama: „Der Vater hat die Trennung von seinem Kind nicht verkraftet."
 

Das verdrängte Leiden

Zum Glück kommt es nur in den wenigsten Scheidungsfällen zu Gewalt-Exzessen. Ohne Wut, Verzweiflung und Tränen gehen aber auch die vermeintlich „unkomplizierten“ Fälle kaum über die Bühne.

Scheidungsväter haben dabei nicht unbedingt das beste Image. Es mag auch am nach außen hin gelebten Rollenbild des „starken“ Mannes liegen, dass die Ex-Ehemänner oft mit pauschalen Vorurteilen zu kämpfen haben. Männer gehen viel schneller Affären oder neuen Partnerschaften ein als ihre Ex-Frauen, lautet ein weit verbreitetes Vorurteil, sie nehmen es mit den Aliments-Zahlungen oft nicht so genau, und als „Wochenend-Väter“ neigen sie dazu, die Kinder hemmungslos zu verwöhnen – vorausgesetzt, sie brechen den Kontakt zu ihrem Nachwuchs nicht ohnehin bald ab.

Darüber, dass Männer in Obsorgeverfahren trotz rechtlicher Gleichstellung in den allermeisten Fällen die schlechteren Karten haben und dies in der Regel auch als extrem ungerecht empfinden, spricht kaum jemand. Dass Männer nach Scheidungen häufiger krank sind und eine überdurchschnittlich hohe Selbstmordrate aufweisen, ist bewiesen, aber bisher kaum ins öffentlichen Bewusstsein vorgedrungen. Auch die Tatsache, dass es für die meisten Scheidungs-Väter eine emotionale Katastrophe ist, wenn sie ihre Kinder plötzlich kaum mehr sehen dürfen, wird gerne „vergessen“. 

„Sie haben mir das Herz herausgerissen.“

Als der 39jährige Buchhalter Peter M*. bei der Scheidungsverhandlung vor drei Jahren erfuhr, dass er künftig seine beiden Töchter Lena (4) und Kerstin (6) nur mehr an zwei - vorher festgelegten - Samstagen im Monat wird sehen können, war das für ihn ein Schock.

„Ich fühlte mich, als hätten mir der Richter und meine Frau das Herz herausgerissen. Sie haben die für mich wichtigsten Menschen zu Randerscheinungen in meinem Leben degradiert. Es gibt wohl nur eine Sache, die mich noch härter getroffen hätte: Der Tod meiner Kinder.“ M* lebt „im Grunde nur für die Wochenenden“, dazwischen wird der zuvor lebenslustige Mann von Apathie, Albträumen, Depressionen und Ängsten geplagt.

„Ich fürchte mich, meiner Frau und meinen Kindern zufällig auf der Straße zu begegnen. Sie würde dann wahrscheinlich mit den Mädchen die Straßenseite wechseln und ihnen verbieten mit mir zu sprechen, oder überhaupt zu mir herüberzuschauen. Und ich könnte nichts dagegen tun.“ 

Krankheit, Jobverlust, Depression

Eine Studie mit 3600 „Scheidungsväter“ aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigt: Die meisten der befgragteb Männer erfahren die „Bedrohung ihrer Väterlichkeit durch die Scheidung“ als sehr groß.

Mehr als 75% der Befragten gab zu Protokoll, dass sich das Trauma der Trennung in zum Teil massiven gesundheitlichen Problemen niedergeschlagen hat. Ein derart massiver Einschnitt ins Privatleben hat meistens auch Auswirkungen auf den Job: Für 7,1 % der befragten Väter mündete die Trennung von der Familie sogar in eine Kündigung des Arbeitsplatzes. Am härtesten trifft die meisten der Befragten allerdings der Verlust der Kinder. 

Das Härteste: Der Verlust der Kinder

Rund 60% der Befragten erklärte, durch die Trennung von den Kindern „alles verloren zu haben“,  gut 30% der Väter gaben an, keine bzw. nur selten Gelegenheit zu haben, ihre Kinder zu sehen. In der weiteren Auswertung zeigt sich aber auch, dass 15,1 % der Befragten, die laut eigenem Bekunden keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern haben, ursprünglich ein 14-tägiges Umgangsrecht eingeräumt wurde.

Der Studie zufolge zerbricht die Beziehung zwischen Vätern und Kindern oft aus der Frustration über das als ungerecht empfundene „Besuchsrecht“. Viele Männer, die sich zum „Wochenend-Papa“ oder gar zum reinen „Bezahl-Vater“ degradiert fühlen, hören aus Wut und Frust über diesen unbefriedigenden Status auf, ihre Kinder regelmäßig zu sehen. Gerade Männer erleben die Scheidungen ja oft so: Kind weg – Haus weg – Frau weg, wissen Scheidungsanwälte aus der Praxis.  

Entsprechend düster fällt dann auch ihre Schlussbilanz aus: Mir bleibt nichts außer hohen Unterhaltungszahlungen, so sei das Gefühl vieler Scheidungsväter. Viele Männer geraten – falls sie nicht sehr gut verdienen – nach einer Scheidung in schwere finanzielle Bedrängung. Wenn ein Mann beispielsweise für drei Kinder und die Frau bezahlen muss, dann geht das an die Finanzen. Dann bleiben vielen Männern nur Beträge zwischen 500 und 800 Euro pro Monat zum Leben.

Warum Väter trotz rechtlicher Gleichstellung in nur knapp 12 % der einvernehmlichen Scheidungen das Obsorgerecht zugesprochen bekommen, liegt daran, dass Mütter meistens einfach tatsächlich die geeigneteren Elternteile sind. Das soll keine Diskriminierung sein – aber vor allem kleine Kinder haben meistens eine viel engere Bindung zu ihren Müttern, als zu ihren Vätern. Und das Wohl der Kinder sollte bei einer Scheidung immer an erster Stelle stehen...
 

Facts: Scheidungsväter & ihre Kids

Nach Problemen im Umgang mit den Kindern befragt, geben ein Drittel der Väter an, den Kindern gegenüber Schuldgefühle zu haben. Gut jeder fünfte Befragte vermeidet Auseinandersetzungen während des Zusammenseins mit den Kindern.

Als weiteres Problem im Umgang mit den Kindern wurde häufig genannt, dass man die negativen Gefühle gegenüber der Exfrau den Kindern nicht verheimlichen kann (21,6 %). Mehr als die Hälfte aller befragten Männer (52,6 %) sehen auch nach der Trennung von der Familie ihre Vaterrolle als unverändert an, 42,1% sehen sich aus der heutigen Perspektive eher als Wochenendvater.

Fast ein Viertel aller Väter (24,9 %) stellen verbittert für sich fest, nur noch Zahlvater zu sein, und fast 10% sehen sich ihrer Vaterrolle gänzlich beraubt (bin kein Vater mehr). Gut ein Drittel der Befragten (34,6 %) zahlten Unterhalt an die Expartnerin. Regelmäßige Unterhaltszahlungen für die Kinder leisten gut drei Viertel der Befragten (75,7 %). Nur einem Drittel der Väter, die noch im regelmäßigem Kontakt zu ihren Kindern stehen, werden von der Expartnerin ein Mitspracherecht bei wichtigen die Kinder betreffenden Entscheidungen gewährt. 
  

*Name von der Redaktion geändert.

Foto: Andrew Rybalko/Shutterstock

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