Experten fürchten schwere Grippewelle
„Der Verlauf der Influenza-Saison ist sehr schwer vorherzusagen“, erklärt Univ. Prof. Ursula Kunze vom Zentrum für Public Health an der Medizinischen Universität Wien. “Was auf der Südhalbkugel passiert, ist aber ein wichtiger Anhaltspunkt.“ Dort dominiert heuer der A(H3N2)-Stamm. Am häufigsten betroffen sind Personen über 80 sowie Kinder zwischen fünf und neun Jahren. Ausgehend von der australischen Erfahrung beginnt man sich auch in Europa auf eine schwere Saison einzustellen. So plant beispielsweise das britische National Health Service (NHS) bereits zusätzliche Krankenhausbetten ein.
2016/17: Früher Start – frühes Ende
Jedes Jahr erkranken in Österreich rund 550.000 Erwachsene an Influenza und Influenza-ähnlichen Erkrankungen. In der vergangenen Saison wurde in der Kalenderwoche 02/2017 der Höhepunkt der Grippewelle mit einer Inzidenz (Häufigkeit) von 1.795 pro 100.000 Einwohnern errechnet. Im Unterschied zu den Jahren davor hat die Grippewelle letzte Saison ungewöhnlich früh begonnen (Ende Dezember), erreichte knapp nach Jahreswechsel ihren Zenit und endete etwa vier Wochen früher als in den Jahren davor. Am häufigsten erkrankten Kinder im Alter zwischen 0 und 4 Jahren.
Der vorherrschende Subtyp war A(H3N2), der in fast allen laborbestätigten Fällen von Influenza nachgewiesen wurde. Das ist jener Stamm, der derzeit in Australien zu vielen schweren Krankheitsfällen führt.3
Ältere Personen besonders schwer erkrankt
Die Altersgruppe über 65 war in Österreich in der Influenza-Saison 2016/17 mit einer Inzidenz von 1.573 pro 100.000 Einwohnern am Höhepunkt der Grippewelle vergleichsweise selten betroffen. Allerdings zeigen europäische Daten, dass diese Personen sehr schwer erkrankten. Zwei Drittel aller influenza-bedingten Aufnahmen auf Intensivstationen betrafen Personen über 65 Jahre. Österreichische Daten gibt es dazu derzeit keine, jedoch ist die Einführung einer sogenannten Influenza Surveillance auf Intensivstationen von Akutkrankenhäusern geplant. Die Daten des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) zeigen außerdem, dass es zu Jahresbeginn besonders viele influenza-bedingte Todesfälle gegeben hat. Das ECDC geht davon aus, dass es in den 17 europäischen Ländern, die ihre Daten gemeldet haben, ähnlich viele waren wie in der Saison 2014/15: nämlich 217.000. Damals war ebenfalls der A(H3N2)-Stamm dominant. 3,
Vorbereitung läuft
Der auf der Südhalbkugel verwendete Impfstoff dürfte die zirkulierenden Virusstämme dieses Jahr einigermaßen gut abgedeckt haben. „Wir erwarten daher auch in Europa in der heurigen Saison eine gute Übereinstimmung zwischen zirkulierenden und Impfstoffviren“, so Ursula Kunze. Grundsätzlich wird der Impfstoff entsprechend der WHO-Vorhersage jedes Jahr neu zusammengesetzt. „Leider ist es immer noch so, dass die Influenza-Impfung eine relative Impfung ist. Das heißt, sie schützt - so wie der Sicherheitsgurt im Auto - nicht zu 100 Prozent, allerdings kann sie in den allermeisten Fällen schwere Krankheitsverläufe verhindern und vielen Patienten einen Spitalsaufenthalt ersparen. Die Impfung ist für alle Menschen sinnvoll und wichtig, auf jeden Fall sollen sich jedoch neben Angehörigen der Gesundheitsberufe auch alle Risikogruppen wie zum Beispiel ältere Menschen und Personen mit chronischen Erkrankungen impfen lassen“, ergänzt die Impfexpertin.
Niedrige Durchimpfungsrate
2016/17 war die Durchimpfungsrate in Österreich mit 5,3 Prozent extrem niedrig. Und das, obwohl im Österreichischen Impfplan, herausgegeben vom Gesundheitsministerium, eine ausdrückliche Impfempfehlung für
- Personen mit chronischen Erkrankungen
- Schwangere
- Kinder ab dem 6. Lebensmonat
- Personen ab 50
- Angehörige der Gesundheitsberufe
- Betreuungspersonen
ausgesprochen wird. „Wir können nur dringend allen Personen aus diesen Gruppen empfehlen, sich rechtzeitig – also spätestens im November – impfen zu lassen. Viele Todesfälle könnten dadurch verhindert werden“, rät die Sozialmedizinerin.
Impfstellen oder Hausarzt
Wie jedes Jahr gibt es auch heuer diverse Grippe-Impfaktionen z.B. in den Impfstellen der MA 15 in Wien, im Gesundheitsamt der Stadt Graz oder im Neuen Rathaus in Linz. Manche Versicherungen wie die BVA, die SVA, die SVB oder die Gebietskrankenkassen in Oberösterreich, Salzburg und Niederösterreich sowie das Bundesland Kärnten bieten Impfungen zu einem reduzierten Preis an. Grundsätzlich ist der Impfstoff in der Apotheke erhältlich. Heuer ist neben dem klassischen trivalenten Impfstoff (er enthält zwei A-Stämme und einen B-Stamm) auch ein sogenannter quadrivalenter Impfstoff verfügbar. Dieser deckt zusätzlich zu den A-Stämmen auch beide B-Stämme ab. Die Impfung kann auch von jedem Hausarzt durchgeführt werden.
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