
Spezialisierung in der Kinderkrankenpflege
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und stellen in der Gesundheits- und Krankenpflege eine besondere Herausforderung dar. Von Frühgeborenen mit komplexen medizinisch-pflegerischen Bedürfnissen bis hin zu Kindern und Jugendlichen mit schweren, lebensverkürzenden Erkrankungen, die palliative Betreuung benötigen, erfordert zudem jede Altersgruppe spezifisches Fachwissen und besondere Kompetenzen. Die Pflege junger Menschen darf deshalb nicht dem Zufall an vorhandener Kompetenz überlassen werden.
Bereits 20216 wurde mit der damaligen Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes den unterschiedlichen und speziellen Kompetenzanforderungen von Fachgebieten und Settings Rechnung getragen. Ehemalige Sonderausbildungen wurden aufgehoben und setting- sowie zielgruppenspezifische Spezialisierungen in §17 GuKG geregelt.
Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat eine Verordnung für die Durchführung der Spezialisierungen zu erlassen. 2025 soll es endlich so weit sein, dass diese erarbeitet und in Kraft treten soll. Besonders dringend wartet auf diese Durchführungsverordnung, in der die Inhalte der Ausbildung zur Spezialisierung festgelegt werden, der Fachbereich der Kinder- und Jugendlichenpflege.
Spezialistinnen und Spezialisten Hand in Hand mit Generalistinnen und Generalisten
„Um für Kinder, Jugendliche und ihre Familien eine qualitativ hochstehende pflegerische Gesundheits- und Krankenversorgung entsprechend ihrer komplexen und durchaus hohen Anforderungen sicherzustellen, ist es unerlässlich bestens ausgebildete Spezialistinnen und Spezialisten für Kinder- und Jugendlichenpflege zu haben“, betont Petra Kozisnik, BSc, Geschäftsführerin des Landesverband Hospiz NÖ.
„Mit akuten Zahnproblemen wendet man sich auch nicht an eine Hausärztin oder einen Hausarzt, deshalb ist es Unsinn in der Kinder- und Jugendlichenpflege ausschließlich auf Generalistinnen und Generalisten der Allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege zu setzen. Es braucht ein ´Hand in Hand´ und profitieren von den gegenseitigen Expertisen für die Kinder, Jugendlichen und Familien“, erklärt Renate Hlauschek, MMSc, Geschäftsführende Vorsitzende des Vereins MOKI NÖ und der Kinder- und Jugend Palliativ-Teams (KI-JU-PALL).
Unzureichendes Fachwissen und die fehlende Möglichkeit zur Spezialisierung können nachweislich dazu führen, dass die Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und deren Familien leidet. Ohne spezifische Expertisen steigt auch das Risiko von Fehlern in der Pflege beziehungsweise können komplexe Situationen nicht umfassend erfasst, eingeschätzt und nachhaltig gelöst werden.
Das kann langfristige gesundheitliche Folgen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen haben, vor allem wenn es um starke psychische Belastungen im familiären Umfeld geht. Hier sind spezielles Wissen und Kompetenz notwendig, um etwaige Komplikationen wie beispielsweise Erschöpfungssyndrome, Überlastung oder Gewalt zu verhindern.
Nach neun Jahren des Wartens auf eine Verordnung zur Durchführung von Ausbildungen zur Spezialisierung in der Gesundheits- und Krankenpflege ist im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpflege höchster und dringlicher Bedarf gegeben.
Nachdem mit der Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes 2024 der bis dahin festgelegte Umfang der Ausbildung von 90 ECTS (3 Semester) auf 60 ECTS (2 Semester) reduziert wurde, ist es wichtig, dass in den weiteren Entwicklungen die erforderliche Fachkompetenz und das notwendige Wissen für diese Zielgruppe nicht zugunsten ökonomischer Überlegungen vernachlässigt werden.
Forderungen für eine zukunftsweisende Pflegeausbildung in der Kinder- und Jugendlichenpflege
Ausgangspunkt der Verordnung zur Durchführung der Ausbildung zur Spezialisierung in der Kinder- und Jugendlichenpflege müssen demnach die Gesundheits- und Pflegebedürfnisse von Kindern aller Alters- und Entwicklungsstufen im familienorientierten Ansatz sein. „Neben der oft genannten und wichtigen Fähigkeit zur Empathie ist darüber hinaus Professionalität und Fachkompetenz erforderlich, denn eine hochwertige Bildung ist der Schlüssel zu qualitätsvoller Gesundheits- und Krankenpflege“, so Petra Kozisnik und Renate Hlauschek.
Die Möglichkeit einer Ausbildung zur Spezialisierung im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpflege führt langfristig zu einer höheren Attraktivität und wirkt einem Fachkräftemangel entgegen. Weshalb es von hoher Bedeutung ist, in den gesetzlichen Regelungen für Gesundheitspersonalvorgaben wie dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit Personalvorgaben für Spezialisierungen in der Gesundheits- und Krankenpflege und insbesondere in der Kinder- und Jugendlichenpflege zu verankern.
Der Landesverband Hospiz NÖ und MOKI NÖ setzen sich für folgende zukünftige Maßnahmen ein:
1. Abbildung der Spezialisierung gemäß §17 Abs2 Z1 GuKG in den Qualifikationsanforderungen im Spezialbereich der pädiatrischen Versorgung
Pflegepersonen mit der Berufsberechtigung in der Allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege haben ab Aufnahme ihrer Tätigkeit in einem pädiatrischen Spezialbereich innerhalb von fünf Jahren eine Spezialisierung in der Kinder- und Jugendlichenpflege gemäß §17 GuKG zu absolvieren.
2. Spezifische Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für alle Pflegeberufe
Vom gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege (DGKP) bis hin zu Pflegeassistenzberufen (PFA, PA) müssen spezifische Fortbildungen qualitätsgesichert etabliert und niederschwelig angeboten werden. Diese Angebote müssen auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zugeschnitten sein.
3. Laufende, zielorientierte Fortbildungsmaßnahmen
Entsprechend der Fortbildungsverpflichtung gemäß §63 und §104c ist eine regelmäßige praxisorientierte Fortbildung zu ermöglichen und anzubieten.
4. Finanzielle Absicherung der Spezialisierung
Der Ausbau spezialisierter Ausbildungsprogramme erfordert eine solide finanzielle Basis, um allen Pflegefachkräften Zugang zu diesen wichtigen Bildungsangeboten zu gewährleisten.
Werden Kinder und Jugendliche in Kontext von Familiensystemen in den Mittelpunkt der Entwicklungen der Inhalte einer Verordnung für die Durchführung der Spezialisierung in der Kinder- und Jugendlichenpflege gestellt, wird ein wichtiger Beitrag zu einer hochwertigen, kindgerechten Gesundheits- und Krankenpflege in ganz Österreich geleistet.
Außerdem wird auch eine Grundlage für die Entlastung des Gesundheitssystems durch Reduktion von Komplikationen geschaffen. „Jetzt ist der Moment, um in Bildung und Spezialisierung zu investieren – für die Zukunft unserer Kinder“, appellieren Petra Kozisnik und Renate Hlauschek.
Foto: MOKI NÖ